Nachrichten aus dem jüdischen Leben in Deutschland

September 11, 2014

Im Frühjahr 2016 beginnen voraussichtlich gleich vier neue Auschwitz-Prozesse in Deutschland.  Gegen vier Menschen, die in KZ tätig waren, wird nun Anklage wegen Beihilfe zum Mord erhoben. Die Rechtsprechung erlaubt derzeit, die nachgewiesene Beteiligung am System des Holocaust als Beihilfe zum Mord auszulegen. Eine Möglichkeit, um die sich die deutsche Gerichtsbarkeit jahrzehntelang gedrückt hatte.



 

Zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar hat die US-amerikanische Obermayer-Stiftung sieben deutsche Hobby-Historiker mit dem deutsch-jüdischen Geschichtspreis ausgezeichnet. Die Preisträger aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Thüringen hätten aus eigener Initiative herausragende Beiträge zur Dokumentation jüdischer Geschichte und Kultur in Deutschland geleistet und sich um die Erinnerung an das Wirken und die Kultur deutscher Juden verdient gemacht, hieß es zur Begründung.



 

Die deutsche Regierung  hat die Rentengleichstellung für zugewanderte Juden aus der ehemaligen Sowjetunion mit Spätaussiedlern abgelehnt. Im Gegensatz zu den Spätaussiedlern, denen für geleistete Arbeitsjahre im Herkunftsland Rente angerechnet wird, ist das bei jüdischen Zuwanderern nicht der Fall. Anlass für die Einlassung der Bundesregierung war eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Volker Beck

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat die Ablehnung  bedauert. Viele Zuwanderer sind derzeit im Alter auf staatliche Grundsicherung angewiesen.



 

Bundespräsident Joachim Gauck hat im brandenburgischen Oranienburg der Opfer der Pogromnacht vor 77 Jahren gedacht. An der Gedenktafel für die ehemalige Synagoge legte er einen Kranz nieder und berichtete von den Schrecken, als am 9. November 1938 Gotteshäuser angezündet, Juden ermordet sowie Geschäfte geplündert und zerstört wurden.
In Oranienburg gibt es seit 2000 wieder eine jüdische Gemeinde mit etwa hundert Mitgliedern. Nach einem Gespräch mit einigen von ihnen betonte Gauck: “Dass Juden in unserer Land kommen, um hier in Sicherheit zu leben, das ist ein Geschenk an uns Deutsche.”



 

Mitte Oktober feierte der Sportverein Makkabi sein 50-jähriges Bestehen. Er wurde in Frankfurt gegründet und dort fand der Feier im Rathaus statt. Makkabi steht für Offenheit, Toleranz und Völkerverständigung. »Bei Makkabi wird Integration nicht gepredigt, sondern gelebt«, sagte Alon Meyer, Präsident von Makkabi Frankfurt und Makkabi Deutschland. Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann formulierte bei seiner Ansprache: »In Frankfurt ist Platz für vieles, aber nicht für Rassismus und Antisemitismus!



 

Bundespräsident Joachim Gauck hat der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zum Start des Neujahrsfestes Rosch Haschana seine Solidarität zugesichert. »Dass die Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland um mehr als ein Viertel zugenommen hat, empört mich«, schreibt Gauck in einer am 09.09 veröffentlichten Grußbotschaft zum Neujahrsfest.
“Einen Anschlag auf jüdisches Leben begreifen wir als einen Angriff auf unser ganzes Gemeinwesen«, heißt es im Schreiben.

Am 31 August  wurden die 5 ersten Absolventen des Abraham Geiger Kollegs an der Universität Potsdam (darunter 4 Rabbiner und einen Kantor) ordiniert. Die feierliche Amtseinführung fand in Bielefeld statt. Zwei neue Rabbiner sind Frauen, zwei stammen aus der ehemaligen UdSSR. Alle Absolventen werden in liberalen jüdischen Gemeinden in Europe und USA arbeiten.



Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat am 23. Juni 2015 der Union progressiver Juden (UpJ) offiziell die Körperschaftsrechte verliehen. Nach Abschluss des dazu noch notwendigen Gesetzgebungsverfahrens werde die UpJ künftig kein Verein mehr sein, sondern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach deutschem Recht handelt es sich bei Körperschaften des öffentlichen Rechts um Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben ausüben und als solche vom Staat anerkannt sind. Religiösen Gemeinschaften kann dieser Status unter bestimmten Bedingungen gewährt werden.
Die UpJ ist eine Arbeitsgemeinschaft liberaler jüdischer Gemeinden und Institutionen. Es gibt zurzeit 26 UpJ Gemeinden in Deutschland und Österreich.



Aktuelle Änderungen der Aufnahmevoraussetzungen für jüdische Zuwanderer in Deutschland:

 

Anordnung des Bundesministeriums des Innern gemäß 23 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes über die Aufnahme jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion mit Ausnahme der Baltischen Staaten vom 24. Mai 2007

zuletzt geändert am Januar 2015 in der Fassung vom 21. Mai 2015

Jüdischen Zuwanderern und ihren Familienangehörigen ist nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Aufnahmezusage zu erteilen.

I Aufnahmevoraussetzungen

Die jüdischen Zuwanderer und ihre Familienangehörigen müssen Staatsangehörige eines Staates im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion mit Ausnahme der Baltischen Staaten (Herkunftsgebiet) oder spätestens seit dem 1. Januar 2005 staatenlose Personen mit Wohnsitz im Herkunftsgebiet sein und dürfen zuvor nicht bereits in einen Drittstaat übergesiedelt sein.

Als jüdische Zuwanderer aufgenommen werden können nur Personen,

  1. a) die nach staatlichen, vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunden

– selbst jüdischer Nationalität sind oder

–von mindestens einem jüdischen Elternteil oder

–von mindestens einem jüdischen Großelternteil abstammen,

  1. b) von denen erwartet werden kann, dass sie zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht dauerhaft auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen sind (eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts); dabei soll die Familienzusammenführung ermöglicht werden. Eine Prognose hinsichtlich dieser Erwartung wird für den selbst aufnahmeberechtigten Antragsteller abgegeben, bezieht aber auch das familiäre Umfeld ein. Die Prognose hinsichtlich der Erwartung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhaltes erfolgt zunächst nach einer Selbstauskunft der Zuwanderungswilligen, mit der abgefragt wird, welche Ausbildung, beruflichen Pläne, Deutschkenntnisse usw. vorliegen;
  1. c) die über Grundkenntnisse der deutschen Sprache (Stufe A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, GERR) verfügen; dabei können Härtefälle, die ein Absehen von diesem Erfordernis möglich machen, geltend gemacht werden; soweit der Erwerb oder die Zertifizierung solcher Sprachkenntnisse infolge von besonderen und durch das Auswärtige Amt bestätigten, regionalen Gegebenheiten auf absehbare Dauer unmöglich ist, wird von diesem Erfordernis abgesehen und die Aufnahmezusage mit der Auflage erteilt, die Sprachkenntnisse innerhalb von zwölf Monaten nach Einreise nachzuweisen;
  1. d) die sich nicht zu einer anderen als der jüdischen Religionsgemeinschaft bekennen und
  2. e) für die der Nachweis erbracht wird, dass die Möglichkeit zu einer Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet besteht. Der Nachweis erfolgt durch gutachterliche Stellungnahme der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden e.V. Die Union progressiver Juden e.V. wird in dieses Verfahren eingebunden und kann im Rahmen dieses Verfahrens eine Stellungnahme abgeben.

Bei den Opfern nationalsozialistischer Verfolgung wird auf die Aufnahmevoraussetzungen nach Nr. I 2. lit. b) und c) verzichtet. Für Personen nach Nr. I 2. lit. a), die vor dem 01.01.1945 im Herkunftsgebiet geboren wurden, wird die nationalsozialistische Verfolgung widerleglich vermutet.

Ehegatten und minderjährige ledige Kinder, die mit dem Aufnahmeberechtigten in familiärer Lebensgemeinschaft leben und selbst nicht die Voraussetzungen für eine Aufnahme erfüllen, können nur gemeinsam mit diesem aufgenommen werden. Die Ehe muss zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits seit mindestens drei Jahren bestehen. Ehegatten und minderjährige ledige Kinder müssen ebenfalls über Grundkenntnisse der deutschen Sprache (Stufe A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, GERR) verfügen. Bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kann von einem Nachweis der Grundkenntnisse abgesehen werden, sofern keine wesentlichen Integrationsprobleme zu erwarten sind. Die Aufnahmezusage erfolgt unter der Bedingung, dass die Einreise vor Vollendung des 15. Lebensjahres tatsächlich erfolgt.

Eine Aufnahme ist ausgeschlossen für jüdische Zuwanderer und Familienangehörige,

– die in der ehemaligen Sowjetunion eine Funktion ausgeübt haben, die für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems gewöhnlich als bedeutsam galt oder dies aufgrund der Umstände des Einzelfalls war,

– die wegen Delikten, die in Deutschland als vorsätzliche Straftaten anzusehen sind, bestraft sind, soweit es sich nicht um Verurteilungen aus politischen Motiven durch Gerichte der ehemaligen Sowjetunion handelt, oder

–bei denen Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass Verbindungen zu kriminellen Organisationen oder terroristischen Vereinigungen bestehen oder bestanden haben sowie in den Fällen des § 54 Nr. 5 a Aufenthaltsgesetz.

Bei Personen, die nach dem 30. Juni 2001 und vor dem 1. Januar 2005 einen Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage gestellt haben (Übergangsfälle II), kann in Härtefällen (insbesondere bei Fällen der Familienzusammenführung) vom Vorliegen der Voraussetzungen nach Nr. I 2. lit. b) und c) sowie von Grundkenntnissen nach I 4. abgesehen werden.